Vorgestellt und nachgefragt Nachgefragt: Simeon von Russow erhält Landschafts-Stipendium

Wir stellen Euch die Gewinner:innen des Vectorworks Stipendiums 2022 im Rahmen unserer Blogserie „Vorgestellt und nachgefragt“ vor. In diesem Teil geht es um den Entwurf von Simeon von Russow, der sich über das Vectorworks Stipendium im Bereich Landschaft freuen durfte.

Der Entwurf „Natur im Raster – Transformation einer Ruine“ von Simeon von Russow

Der Student von der Berliner Hochschule für Technik behandelt in seinem Entwurf „Natur im Raster – Transformation einer Ruine“ die konkrete Um- bzw. Neugestaltung eines ikonischen Projektes aus den 90ern: dem Tilla-Dureux-Park in Berlin. In Anlehnung an die Ideen und Werte der 90er wird eine radikale Neustrukturierung des verfallenen Parks vorgenommen und es entsteht ein Ort, welcher den Ausbruch der Natur aus den Bestandsstrukturen inszeniert. Der Spirit der 90er wird mit den Leitbildern der 2020er konfrontiert und präsentiert Natur in einem modernen, städtischen Kontext.

Neue Qualität

Jurymitglied und M.A. Landschaftsarchitektur Lars Schöberl gefällt besonders die Entwurfsidee:

„Ich fand es total spannend, dass man die Fehler, die in den 90ern entstanden sind, umbaut und eine neue Qualität schafft.“

Auch Juror Dipl.-Ing. Rupert Schelle ist überzeugt:

„Die Idee, in einer Großstadt eine wilde Natur zu schaffen finde ich spannend. Aus dieser Landmarke hat er eine Naturmarke geschaffen.“

Simeon von Russow

Wir haben Simeon zu seinem Projekt befragt:

Wie verlief Dein Entwurfsprozess?

„Die Arbeit ‚Natur im Raster‘ entsteht aus dem Kooperationsprojekt ‚Learning from the 90s ́ der BHT und der TU Berlin unter der Leitung von Lioba Lissner und Stefan Bernard. Das Leitthema, die Landschaftsarchitektur der 90er, wurde intensiv durch Exkursionen, Input-Referate von ‚Zeitzeug:innen‘ und die Aufarbeitung der vorherigen Jahrzehnte analysiert. Nach dieser Grundlagenphase teilten sich die Gruppen in die Bearbeitung der zwei ikonischen Projekte der 90er, den Tilla-Durieux- Park und den Invalidenpark, auf.

Der konkrete Entwurf profitiert von dieser langen und intensiven Vorbereitung. Von entscheidender Bedeutung war das grundlegende Wissen über den Ort, die Geschichte des ursprünglichen Entwurfs, um schließlich den Spirit der 90s zu atmen. Besonders den Zeitgeist der 90er zu verstehen, die Aufbruchsstimmung, die Radikalität, den Wunsch nach ikonischer Landschaftsarchitektur, die Materialitäten. All das einzufangen, zu interpretieren und zu verstehen, war die Basis für den eigentlichen Entwurfsprozess.

Gestützt wurde der Prozess durch die intensive Zusammenarbeit mit den Kommiliton:innen und unserem Professor Stefan Bernard, der uns bei allen Ideen tatkräftig unterstützt hat. Hierbei war der erste Schritt die wertungsfreie Beobachtungsphase, die der Grundlagenermittlung dient, daraus entstand durch Reflektion eine Haltung zum Ort, die den Kern des Entwurfs bildet. Daraus resultierte für meinen Entwurf die entscheidende Frage: Ist das Kunst oder kann das weg?“

Was gefällt Dir an Deinem Entwurf am besten?

„Die Verarbeitung der gewonnen Erkenntnis über die Zeit und Denkweise der 90s in Verbindung zu bringen mit Themen, Problemen und Anforderungen der heutigen Zeit und daraus den Schluss zu ziehen, diese ikonische Skulptur in einer Weise zu erhalten bzw. zu transformieren, war eine Grätsche, bei der ich im Nachhinein über die mutige Entscheidung, den Versuch zu wagen, stolz bin.“

Der Gewinner-Entwurf im Bereich Landschaft

Gibt es bei Deinem Entwurf Aspekte, die Du im Nachhinein anders angehen würdest?

„Durch den gewonnenen Abstand zum Projekt und mit der erneuten Auseinandersetzung fällt die sehr positive behaftete Haltung meinerseits gegenüber den 90ern auf. Das Projekt ist gezeichnet von einer 90s Euphorie. Ich würde im Nachhinein eine neu gewonnene, kritischere Sichtweise auf diese Zeit in das Projekt einfließen lassen. Vor allem die Überstilisierung in der Konzeption und dem gewählten graphischen Stil ist stark an den radikalen Idealen der 90s orientiert.“

Du hast bei Deinem Entwurf auch Vectorworks eingesetzt. Welche Funktionen fandest Du besonders hilfreich?

„Die Stärke von Vectorworks liegt in den allumfassenden Funktionen der Software, welche ideal auf das Berufsfeld zugeschnitten sind und es ermöglichen, ein Projekt im Prinzip von Anfang bis Ende durchzuarbeiten, ohne durch Exportieren und Bearbeiten in anderen Programmen den Workflow zu stören. In einer Datei sowohl den Lageplan, die Schnitte und Perspektiven zu bearbeiten und dann in der Layoutebene zu sortieren und am Ende ein fertiges Layout zu exportieren, ist äußerst praktisch.

Vor allem die Funktion Schnitte aus dem modellierten Lageplan anzulegen, erzielt sehr schöne grafische Ergebnisse, ist präzise und spart Zeit. Hilfreich für die Darstellung der dreidimensionalen Gitterstrukturen war die Funktion selbstkreierte Texturen zu erstellen. Dieser Grad an Individualisierung und Konfiguration eröffnet sehr viele Möglichkeiten.“

Welche Tipps kannst Du Studierenden geben, die darüber nachdenken, sich für das Vectorworks Stipendium zu bewerben?

„Nicht darüber nachdenken, einfach machen! Es ist kein großer Aufwand ein schon fertiges Projekt, auf das man stolz ist, kurz zu beschreiben und einzureichen. Man sollte sich auch nicht durch die sehr guten Arbeiten der letzten Jahre abschrecken lassen. Ich dachte auch, dass man als 4. Semester Student keine Chance im Vergleich zu Bachelor- und Masterarbeiten hat, im Endeffekt hat es sich aber zu hundert Prozent ausgezahlt, mein Projekt einzureichen.“

Wie sehen Deine Pläne nach dem Studium aus? Welche beruflichen Ziele verfolgst Du?

„Da ich noch mitten im Studium bin, will ich dieses erst erfolgreich abschließen. Danach das Gelernte praktisch anwenden und berufliche Erfahrungen sammeln, vorzugsweise im Ausland. Neue Inspirationen finden, internationale Luft schnuppern und dann den Master angehen. Auch bevorzugt im Ausland, am interessantesten finde ich hier die progressiven skandinavischen oder niederländischen Universitäten.“