Riken Yamamotos innovativer Ansatz in der Architektur und sein Engagement für die Förderung der sozialen Interaktion durch seine Projekte haben ihm den prestigeträchtigen Pritzker-Preis 2024 eingebracht.
Der 1945 in China geborene Yamamoto hat in seiner Laufbahn die Entwicklung der modernen, industriellen Architektur miterlebt, was sich in seinem tiefen Verständnis für diese transformativen Einflüsse widerspiegelt. Eine ausführliche Biografie von Yamamoto finden Sie auf der Website des Pritzker-Preises.
Pritzker-Preisträger Riken Yamamoto
Die Entwicklung von Yamamotos Design-Ethos
Der Zweite Weltkrieg war ein Wendepunkt für die japanische Architektur. Obwohl die Tradition noch immer ihren Weg in die Projekte fand, verlagerten sich die Prioritäten auf den wirtschaftlichen Wiederaufbau und die Industrialisierung. Das wirkte sich auf die Art und Weise aus, wie Gebäude geplant wurden.
Yamamoto erklärt, wie dies seine eigene Arbeit beeinflusst hat: „Nach dem Zweiten Weltkrieg hat Japan viele alte Städte und Dörfer verloren. Sie wurden wie weggeblasen und es gibt nur noch sehr wenige davon. Nicht-Japaner kennen vor allem berühmte Städte wie Kyoto und Takayama, die teilweise noch traditionelle Straßenbilder haben. Ich denke, dass wir solche Strukturen bewahren müssen. Mit der heutigen Modernisierung, bei der die Wirtschaftsentwicklung im Vordergrund steht, verändert sich jedoch auch der Blick auf die Architektur. Nach meiner Meinung müssen Architekten für die Erhaltung alter Straßenbilder verantwortlich sein. Unsere Aufgabe ist, ein Umfeld zu schaffen, in dem das möglich ist.“
Oben: Yamamotos GAZEBO-Projekt. Unten links: Yamamotos Projekt Yamakawa Villa. Unten rechts: Skizze des GAZEBO-Projekts.
Im Mittelpunkt von Yamamotos Designphilosophie steht die Überzeugung, dass Architektur und Gemeinschaft untrennbar miteinander verbunden sind, eine Ansicht, die er zum Teil als Reaktion auf die Industrialisierung der Nachkriegszeit entwickelte. Für ihn ist Architektur ein Mittel, um Menschen zusammenzubringen und ein Gefühl der Zugehörigkeit zu fördern.
Yamamotos Grundprinzipien
Harmonie zwischen Gebautem und Natur
Auf der Webseite des Pritzker-Preises für Yamamoto wird ausführlich dargelegt, dass sich seine Arbeit um die Idee dreht, mit Architektur Harmonie zwischen der natürlichen und der gebauten Umwelt zu schaffen. Als wir Yamamoto zu diesem Thema befragten, stellt er in seiner Antwort das Wort „Schwelle“ in den Mittelpunkt.
Die Schwelle ist die perfekte Symbolik für Yamamotos Designphilosophie. Das Konzept der Schwelle – als Übertritt zwischen Innen- und Außenbereich – ist das, was Yamamoto in seiner Architektur anstrebt: Mutter Natur zu erweitern, anstatt sie zu begrenzen.
Sensibilität für den Kontext
Yamamoto betont, wie wichtig es ist, den Kontext, in dem sich ein Gebäude befindet, zu verstehen und darauf zu reagieren. Dazu gehören die kulturellen, historischen und ökologischen Aspekte des Standorts. Seiner Meinung nach sollte die Architektur mit ihrer Umgebung harmonieren, anstatt sie in den Schatten zu stellen – ein Grundsatz, der in seinem gesamten Portfolio deutlich zu erkennen ist.
Feuerwache Hiroshima Nishi: Die Gemeinschaft steht an erster Stelle
Ein herausragendes Beispiel für Yamamotos Designphilosophie in der Praxis ist die Hiroshima Nishi Feuerwache. Im Gegensatz zu typischen Feuerwachen, die nur unter dem Blickwinkel der Funktion gebaut wurden, weist Yamamotos Entwurf eine fast transparente Fassade auf. Dadurch kann die Bevölkerung die Feuerwehrleute bei ihrer Arbeit beobachten. So wird das Gefühl der Sicherheit und der Verbundenheit mit denjenigen, die sie schützen, verstärkt. Die ständige Sichtbarkeit der Aktivitäten der Feuerwehrleute fördert eine stärkere Bindung an die Gemeinschaft und entspricht Yamamotos Vision von Architektur als einem kommunalen Katalysator.
Yamamotos Projekt der Feuerwache Hiroshima Nishi
Die Feuerwache wurde auch mit Sorgfalt in ihre städtische Umgebung integriert. Der Entwurf berücksichtigt den umgebenden Kontext und stellt sicher, dass das Gebäude das bestehende Stadtbild ergänzt. Die Form und die Materialien des Gebäudes wurden so gewählt, dass sie mit der lokalen Architektursprache harmonieren und sich gleichzeitig als moderne Einrichtung abheben.
Das Design der Feuerwache spiegelt Yamamotos minimalistische Ästhetik wider, die sich durch klare Linien und eine einfache, aber markante Form auszeichnet. Die Verwendung moderner Materialien wie Glas und Stahl verleiht dem Gebäude ein zeitgemäßes Aussehen, während die durchdachten Details dem Gebäude einen Hauch von Raffinesse verleihen.
Hotakubo Wohnprojekt: Gleichgewicht zwischen Privatsphäre und Gemeinschaft
Das Hotakubo Housing Projekt, bestehend aus 110 Einheiten, die einen zentralen Innenhof umgeben, demonstriert Yamamotos Ansatz für gemeinschaftsorientiertes Design. Der Innenhof, der nur über die Wohneinheiten selbst und einen einzelnen Gemeinschaftsraum zugänglich ist, bietet den Bewohnern einen privaten und zugleich gemeinschaftlichen Raum. Dieser Entwurf fördert die Interaktion zwischen den Bewohnern, ohne ihre Privatsphäre zu beeinträchtigen, und spiegelt Yamamotos nuanciertes Verständnis von gemeinschaftlichem Leben wider.
Diese Gestaltungsabsicht wird in Yamamotos Konzeptzeichnung deutlich, die vom Balkon eines Bewohners aus ein gemeinschaftliches Treffen im Innenhof zeigt.
Yamamotos Hotakubo Wohnprojekt. Foto mit freundlicher Genehmigung von Tomio Ohashi.
Das Projekt legt großen Wert auf die Integration natürlicher Elemente in das Wohnumfeld. Jede Einheit verfügt über große Fenster und Balkone, die viel natürliches Licht und Ausblicke auf die umliegenden Grünflächen bieten. Die Verwendung von Grünflächen und Gärten innerhalb der Siedlung schafft eine Verbindung zwischen der bebauten Umwelt und der Natur.
Yamamotos Hotakubo Wohnprojekt. Foto mit freundlicher Genehmigung von Tomio Ohashi.
Kollaboration neu definiert: Ein Blick in Yamamotos Team
Es überrascht nicht, dass Yamamotos gemeinschaftsorientiertes Denken auch seine Einstellung zu Zusammenarbeit und Teamwork motiviert. Er hat großes Vertrauen in sein Team und die Art und Weise, wie es arbeitet.
Riken Yamamoto & Field Shop ist so strukturiert, dass die Möglichkeiten zur Zusammenarbeit maximiert werden. Jeder kommuniziert mit Yamamoto auf einer persönlichen Basis, und alle Teammitglieder werden ermutigt, sich an jedem Projekt zu beteiligen. Dadurch kann Yamamoto mit jedem Mitarbeiter individuell arbeiten und eine engere Zusammenarbeit fördern.
Oft versammelt sich das Team um einen großen Bildschirm, um mit Yamamoto Details in Vectorworks zu besprechen.
„Zum Beispiel ist es interesant zu sehen, wie sich eine leichte Verschiebung des Kerns auf das darunterliegende Stockwerk auswirken würde“, sagte Takashi Oka, ein Planer in Yamamotos Team, „und wir treffen solche Entscheidungen, indem wir die Vectorworks-Zeichnungen auf einem Projektor analysieren.“
Eine Vectorworks-Zeichnung von Schnittdetails für das Hiroshima Nishi Feuerwache Projekt. Mit freundlicher Genehmigung von Riken Yamamoto & Field Shop.
Yamamoto legt einen ähnlichen Schwerpunkt auf die Zusammenarbeit mit Fachleuten außerhalb seines Büros. „Architekten brauchen die Hilfe vieler anderer Fachleute“, sagt Yamamoto. „Nur durch die Zusammenarbeit mit zahlreichen Experten kann die Initiative eines einzelnen Architekten in die Architektur einfließen. Schon zu Beginn des Entwurfsprozesses ist es sehr wichtig, mit Spezialisten für Beschilderung, Möbel, Landschaft, Textilien, Beleuchtung, Ton sowie Struktur und mechanische Systeme zusammenzuarbeiten.“
Entwerfen mit Vectorworks
Neben der Erstellung von Konstruktionszeichnungen und Spezifikationen verwendet Yamamotos Team Vectorworks für alle Konstruktionsaufgaben, z.B. für den Import von Grundstücksdaten zur Erstellung von Umgebungsmodellen und oder von Stützmodellen aus anderer 3D-Software zur Erstellung axonometrischer Zeichnungen. Die unten abgebildeten Zeichnungen wurden in Vectorworks für das Hotakubo Wohnprojekt erstellt.
Zeichnungen für das Hotakubo Wohnprojekt. Mit freundlicher Genehmigung von Riken Yamamoto & Field Shop.
Sein Team erklärte, dass die Ebenen in Vectorworks einer der größten Vorteile der Software sind. Sie verglichen Ebenen mit der Verwendung von Pauspapier in den Tagen des Handzeichnens. „Es ist das einfachste und vernünftigste Format für Architekturzeichnungen,“ sagte Oka.
Wie das Team ebenfalls darlegt, verlässt es sich auf Vectorworks, weil es ein All-in-One-Programm ist. Mit einer einzigen Software können sie detaillierte Zeichnungen und Präsentationsmaterialien für jede Projektphase erstellen.
Glückwunsch an Riken Yamamoto
Riken Yamamotos visionärer Ansatz und seine innovativen Beiträge zur Architektur haben einen unauslöschlichen Eindruck in der Branche hinterlassen. Seine Entwürfe, die sich durch eine harmonische Integration in die Umgebung und eine tiefgreifende soziale Relevanz auszeichnen, spiegeln ein tiefes Verständnis sowohl für ästhetische als auch für funktionale Prinzipien wider.
Yamamotos Portfolio ist ein Beweis für sein unermüdliches Streben nach architektonischer Exzellenz. Die Verleihung des Pritzker-Preises 2024 an ihn ist eine angemessene Anerkennung seiner herausragenden Leistungen und seines nachhaltigen Einflusses auf die Architektur. Mit Blick auf seine zukünftigen Projekte wird Yamamotos Vermächtnis weiterhin inspirierend wirken und die Standards für architektonisches Design weltweit anheben.
Dieser Beitrag von Alex Altieri erschien zuerst im Newsroom von Vectorworks Inc.